Beihilfebericht: 35 Millionen Fördergelder für die Ernährungswirtschaft. Branchenriesen verweigern dennoch die Angleichung der Ost-Löhne.
Massive Subventionen für die Unternehmenskassen, aber schmale Löhne für die Beschäftigten: Nach der Zahlung von Personalkostenzuschüssen, Investitionsbeihilfen und Forschungssubventionen in Millionenhöhe aus der öffentlichen Kasse steigt der Druck auf namhafte Unternehmen der Ernährungswirtschaft in MV, die Ost-Löhne ihrer Beschäftigten an das Westniveau anzugleichen. Allein 2014 und 2015 erhielten 25 Unternehmen der Branche für Investitionen in Höhe von rund 160 Millionen Euro etwa jeden fünften Euro aus der Staatskasse geschenkt – insgesamt 35,2 Millionen Euro, geht aus einer auf eine parlamentarische Anfrage der Linken-Landtagsabgeordneten Henning Foerster, Torsten Koplin und Peter Ritter jetzt vom Wirtschaftsministerium vorgelegten Beihilfeliste hervor. Darüber hinaus erhielten fünf Unternehmen 562 000 Euro Personal- und Sachkostenzuschüsse für Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Weitere knapp drei Millionen Euro flossen an zwölf Unternehmen für Maßnahmen der Marktstrukturverbesserung.
Mit dabei: die Brancheneliten des Wirtschaftszweiges. Doch während Firmen wie der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé mit einem Jahresgewinn von umgerechnet 8,3 Milliarden Euro mit seinem neuen Kaffeekapselwerk in Schwerin, der Pizzahersteller Dr. Oetker in Wittenburg, der Essig- und Feinkosthersteller Carl Kühne in Hagenow und das Kartoffelveredlungswerk Hagenow von der Wirtschaftsförderung profitierten, verweigern die Firmen in den laufenden Tarifverhandlungen ihren Beschäftigten bessere Lohnbedingungen. Die Branche sei mit Beträgen in zweistelliger Millionenhöhe gefördert worden, meinte Henning Foerster, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Linken-Landtagsfraktion: „Daher ist es inakzeptabel, wenn 26 Jahre nach der Einheit jede Verhandlung über eine stufenweise Angleichung der Gehälter Ost/West verweigert wird.“ In den Firmen werden der Gewerkschaft NGG zufolge in MV bis zu 360 Euro monatlich weniger bezahlt als in West-Betrieben.
Sweet Tec und Upahl als positive Beispiele
Auch nach tagelangen Warnstreiks bei Nestlé, Oetker, Kühne und den Kartoffelveredlern in Hagenow und Stavenhagen haben die Arbeitgeber bislang jegliche Verhandlungen über eine stufenweise Angleichung der Löhne abgelehnt. Die Beschäftigten lassen indes nicht locker: „Die Angleichung muss erkennbar sein und vollzogen werden“, forderte Jörg Dahms, Geschäftsführer der Gewerkschaft NGG, bei der nächsten, am 5. September angesetzten Verhandlungsrunde ein Einlenken der Arbeitgeber.
Indes flossen reichlich Beihilfen für die von der Tarifauseinandersetzung betroffenen Firmen: Allein Nestlé kassierte für Investitionen in sein Schweriner Kaffeekapselwerk 20 Millionen Euro vom Steuerzahler. Pizzahersteller Dr. Oetker in Wittenburg bekam seit 2007 laut Wirtschaftsministerium 5,9 Millionen Euro überwiesen. Für Carl Kühne in Hagenow gab es Investitionshilfen in Höhe von 727 800 Euro dazu. Die Kartoffelveredlung Hagenow erhielt rund 175 000 Euro, das Pfanni-Werk Stavenhagen 103 000 Euro.
Es geht auch anders: Zu den größten Subventionsempfängern zählt dem Wirtschaftsministerium zufolge auch der Süßwarenhersteller Sweet Tec Boizenburg – 11,2 Millionen Euro Investitionsbeihilfe gab es 2014 vom Staat. Auch die Arla-Molkerei Upahl erhielt 4,7 Millionen Euro. Beide Unternehmen seien aber inzwischen Regelungen zur Angleichung der Löhne an das West-Niveau eingegangen, teilte die NGG mit.